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Reform der Verbraucherinsolvenz 14.11.2006
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat am 14.11.2006 die
Eckpunkte einer Reform des Verbraucherinsolvenzverfahrens vorgestellt. „Das
vereinfachte Entschuldungsverfahren schafft einen sozial gerechten
Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen von Gläubigern
und Schuldnern. Es lässt dem redlichen Schuldner eine Chance
für einen Neubeginn ohne Schulden“, betonte Zypries.
I. Ausgangslage: Insolvenzordnung von 1999 – eine Chance
für redliche Schuldner für einen Neubeginn
Seit 1999 gibt es im deutschen Recht die Möglichkeit der so
genannten Restschuldbefreiung. Von der Restschuld befreit wird
jeder, der sechs Jahre lang unter Aufsicht eines staatlichen Treuhänders
versucht, so viel Geld wie möglich an die Gläubiger zurückzuzahlen.
Zu den Aufgaben des Treuhänders gehört, den Gläubigern
des Schuldners in den sechs Jahren, die einer Restschuldbefreiung
vorgeschaltet sind, so viel Geld wie möglich zurückzugeben.
Im Gegenzug darf während dieser Zeit kein Gerichtsvollzieher
den Besitz des Schuldners nach Geld oder teuren Elektrogeräten
durchsuchen. Vielmehr hat der Arbeitgeber des Schuldners den pfändbaren
Teil des Einkommens - bei einem Schuldner ohne Unterhaltspflichten
sind das zur Zeit alle Beträge über 985 Euro - an den
Treuhänder abzuführen, der dies einmal jährlich
an die Gläubiger verteilt. Läuft alles korrekt ab, werden
die verbliebenen Schulden gestrichen.
Die heutige Praxis der Verbraucherinsolvenz - insbesondere bei
masselosen Schuldnern - steht in der Kritik. Rechtspfleger an den
Amtsgerichten und Insolvenzrichter sind dem Ansturm der Verfahren
und der damit verbundenen Bürokratie kaum gewachsen. Die Bundesländer
klagen über die finanzielle Belastung durch die Stundung der
Verfahrenskosten, die etwa 2500 Euro pro Verbraucherinsolvenzverfahren
betragen. Diese Kosten soll eigentlich der Schuldner tragen. Ist
dieser jedoch mittellos, muss die Justizkasse der Länder einspringen
und das Geld im Wege der Stundung vorstrecken. Und eine Befriedigung
der Gläubiger ist nicht ernsthaft zu erwarten. In etwa 80
% aller Privatinsolvenzverfahren sind die Schuldner völlig
mittellos.
II. Warum brauchen wir ein vereinfachtes Entschuldungsverfahrens?
* Unser heutiges Verbraucherinsolvenzverfahren ist gut – aber
es ist zu teuer und zu bürokratisch in Anbetracht der Tatsache,
dass von 80 % der Schuldner keine relevanten Einkünfte zu
erwarten sind.
* Ist ein Schuldner nachweislich völlig mittellos, so wird
ein Insolvenzverfahren aber seinen Zweck verfehlen. In dieser Situation
ist es ausreichend, wenn eine sorgfältige Ermittlung der Vermögensverhältnisse
des Schuldners erfolgt.
* Das Verfahren soll nicht nur einen Ausgleich zwischen den Interessen
des Schuldners und seiner Gläubiger bieten. Es muss sozial
gerecht sein und die allgemeinen Interessen des Wirtschaftsverkehrs
berücksichtigen.
III. Eckpunkte des vereinfachten Entschuldungsverfahrens bei völlig
mittellosen Schuldnern
1. Gang des Verfahrens
Das vereinfachte Entschuldungsverfahren passt sich nahtlos in das
geltende Insolvenzverfahren ein. Da keine die Verfahrenskosten
deckende Masse vorhanden ist, erfolgt entsprechend § 26 InsO
eine Abweisung mangels Masse. Damit ist das Verfahren für
den Schuldner jedoch nicht beendet, sondern es wird lediglich die
Stufe des eröffneten Insolvenzverfahrens übersprungen
und unmittelbar in das Restschuldbefreiungsverfahren übergeleitet.
Bereits das geltende Recht schreibt vor, dass der Schuldner mit
seinem Eröffnungsantrag eine Bescheinigung einer geeigneten
Person oder Stelle vorzulegen hat. Aus dieser Bescheinigung soll
sich ergeben, dass eine Einigung mit den Gläubigern entweder
ergebnislos versucht oder – so im künftigen Recht – eine
solche offensichtlich aussichtslos war. Im Rahmen dieses Bescheinigungsverfahrens
wird der Schuldner das umfangreiche Formular, das detailliert seine
Vermögensverhältnisse abfragt, gemeinsam mit der geeigneten
Person oder Stelle ausfüllen. „Geeignete Personen“ für
die Beratung der Schuldner sind etwa Rechtsanwälte, Notare
oder Steuerberater. Wer als „geeignete Stelle“ in Betracht
kommt, legt jedes Bundesland selbst fest.
Wird der Eröffnungsantrag nun mangels Masse abgewiesen, muss
der Schuldner die Formulare mit dem Gerichtsvollzieher zu erörtern
und an Eides statt die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner
Angaben zu versichern. Das Gericht kündigt danach die 6-jährige
Wohlverhaltensperiode an. In dieser treffen den Schuldner die gleichen
Obliegenheiten wie in einem normalen Restschuldbefreiungsverfahren.
Gleichzeitig wird der Treuhänder bestellt - etwa ein Rechtsanwalt
oder Steuerberater. An ihn muss der Schuldner den pfändbaren
Teil seines Einkommens abtreten. Gläubiger können der
Restschuldbefreiung widersprechen. Macht dies ein Gläubiger
nicht, kann er nach Ablauf der 6 Jahre seine Forderungen nicht
mehr gegen den Schuldner durchsetzen.
2. Neues Vermögen des Schuldners
In dieser 6-jährigen Wohlverhaltensperiode kann es nun dazu
kommen, dass der Schuldner etwa durch Erbschaften zu neuem, unvorhergesehenem
Vermögen kommt, das bei der Verteilung zu berücksichtigen
ist. Dann gilt folgendes Prozedere:
* Erzielt der Schuldner während der Wohlverhaltensperiode
pfändbare Einkünfte, die an den Treuhänder abgetreten
wurden, so erfolgt die Verteilung an die Gläubiger bei Beträgen
unter 1.000 € gemäß dem Forderungsverzeichnis,
das gemeinsam mit der geeigneten Person oder Stelle aufgestellt
wurde.
* Bei Beträgen über 1.000 € hat der Treuhänder
dies öffentlich bekannt zu machen und die Gläubiger aufzufordern,
ihre Forderungen anzumelden. Anhand dieses ergänzten Forderungsverzeichnisses
erfolgt, sofern kein Widerspruch erhoben wird, die Verteilung.
3. Kostenbeteiligung des Schuldners
Es ist geboten und gerechtfertigt, den Schuldner, der die Rechtswohltat
einer umfassenden Schuldbefreiung erhalten will, in einem bescheidenen
Umfang an den Verfahrenskosten zu beteiligen. Gedacht ist hier
an eine Größenordnung von 13 € pro Monat. Damit
sollen ein Teil der Verfahrenskosten und die Kosten für den
Treuhänder abgedeckt werden.
4. Vorteile dieses Verfahrens
Gegenüber alternativen Entschuldungsmodellen und gegenüber
dem geltenden Recht, das eine Stundung der Verfahrenskosten kennt,
hat dieses vereinfachte Entschuldungsverfahren erhebliche Vorteile:
* Das Verfahren ist in das geltende Recht eingebettet, ohne dass
ein zusätzliches Sonderverfahren vorgesehen werden muss. Der
regelungstechnische Aufwand ist deshalb überschaubar und löst
keine neue Bürokratie aus.
* Über eine Kostenbeteiligung wird dem Schuldner deutlich
gemacht, dass er nur über gewisse Eigenanstrengungen eine
Entschuldung erreichen kann. Eine Entschuldung zum Nulltarif soll
es künftig nicht mehr geben.
Dafür erhält der Schuldner
* den Schutz vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen,
* eine umfassende Entschuldung auch hinsichtlich der nicht genannten
Forderungen,
* die gleiche Laufzeit von 6 Jahren wie beim sonstigen Restschuldbefreiungsverfahren.
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